Zum Pogromgedenken am 10. November 2021 (Ein Beitrag der Lehrerin Petra Skottki)
Die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 war der Auslöser einer unglaublichen Welle von Gewalt gegen jüdische Mitbürger. In dieser Nacht brannte die Rostocker Synagoge. Jüdische Geschäfte und etwa 60 private Wohnungen wurden von den Nationalsozialisten überfallen und verwüstet. Ab dem 10. November erfolgten Verhaftungen. Einigen Familien gelang noch die Flucht ins Ausland. Am 11. Juni 1941 erfolgte dann die Auflösung der jüdischen Gemeinde von Rostock. Noch 1938 war in Rostock die größte jüdische Gemeinde in Mecklenburg mit etwa 175 Mitgliedern ansässig. Jährlich findet als Erinnerung an diese unaussprechliches Leid auslösende Nacht eine Gedenkfeier in der Rostocker Augustenstraße statt. Hier erinnert heute nur noch eine Stele an den Standort der Synagoge.
Schülerinnen und Schüler der Klasse 8b des Evangelischen Bildungscampus Dettmannsdorf nahmen an dieser Gedenkfeier teil. Nach einer Andacht auf dem jüdischen Friedhof im Lindenpark begaben sich etwa 80 Menschen auf einen Schweigemarsch zur Augustenstraße. Die Bürgerschaftspräsidentin Regine Lück erinnerte an die Ereignisse dieser Nacht und an die Welle der Gewalt, die darauf folgte. Der Landesrabbiner sprach ein hebräisches Gebet und mahnte, dass der Antisemitismus wieder allgegenwärtig ist. Zum Verlesen der Namen der jüdischen Mitbürger, die dem Holocaust zum Oper fielen, hatten sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit der Geschichte dieser Menschen auseinandergesetzt. So hatten sie von jeder Person den Beruf, das Alter und den letzten Aufenthaltsort herausgesucht. Dabei sprachen sie über die Grausamkeiten im Vernichtslager Auschwitz oder den schrecklichen Hungertod der Menschen in Theresienstadt.
104 Namen wurden verlesen, das Alter der Personen und der Todesort. Der jüngste der deportierten Menschen war 5 Jahre alt, der älteste 90 Jahre. Es wird geschätzt, dass nur 14 Juden aus Rostock das Kriegsende erlebten. Die meisten jüdischen Bürger Rostocks überlebten diese Zeit nicht.
Wie wichtig es ist, sich zu erinnern, Anteilnahme zu zeigen und sich stark zu machen gegen judenfeindliche Einstellungen, zeigt der zunehmende Antisemitismus in Deutschland. Gerade wir Deutschen tragen die Verantwortung für einen nie dagewesenen Massenmord. Auch Generationen später bleibt diese Verantwortung präsent, sie verpflichtet zu einer Haltung voller Nächstenliebe, zur Positionierung gegen rechtsextreme und menschenfeindliche Tendenzen und zum Verhindern eines so grausamen Geschehens wie in der Zeit des Nationalsozialismus.
(Fotos:Schule Dettmannsdorf)