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Enthüllung der „Denksteine“ für Johanna Salomon und Bernhard Borchardt in der Eschenstraße 8, 18057 Rostock, am Mittwoch, 22. März 2023 um 14.00 Uhr. Mit diesen Steinen werden dann 75 Denksteine in Rostock verlegt sein.

Der Verein der Freunde und Förderer des Max-Samuel-Hauses e. V. lädt alle Interessierten am Mittwoch, 22. März 2023 um 14.00 Uhr ein, an der Enthüllung von zwei „Denksteinen“ in der Eschenstr. 8 teilzunehmen. Die Verlegung der Steine wurde von dem Verein Soziale Bildung e.V. (SoBi) ermöglicht. Schülerinnen und Schüler der Europaschule Rövershagen werden die Einweihung inhaltlich gestalten.

Bernhard Borchardt (20.04.1901 Plathe/Pommern – Juli 1942 Auschwitz)

AHR Bernhard Borchardt ausgeschnitten

Foto: AHR, Kennkartenantrag, 1939
Bernhard Borchardt wurde 1901 in Plathe (heute Płoty) in der Nähe von Stettin geboren, wo er auch eine Zeitlang lebte. Hier heiratete er 1923 Anna Dömeland – die Ehe wurde im Juli 1939 geschieden. Kinder aus dieser Ehe sind nicht bekannt. Etwa 1930 zog er nach Rostock und war als Handelsvertreter tätig.
Nach der Pogromnacht am 10.11.1938 wurde auch Bernhard Borchardt, wie alle jüdischen Männer über 18 Jahre in das Landeszuchthaus Alt-Strelitz in sogenannte Schutzhaft genommen. Nach zwei Monaten wurde er entlassen. Er durfte nun nicht mehr als Handelsvertreter Geschäfte führen und konnte nur noch Arbeit im Tiefbau finden.
Wo und wie er seine zweite Frau, die Kontoristin Irma Salomon (geb. 1903) kennenlernte, ist nicht bekannt. Sie heirateten im Mai 1940 – wahrscheinlich vorrangig, um sich im Alltag gegen Ausgrenzung und Diskriminierung gegenseitig Schutz zu geben. Das Paar zog zusammen mit Johanna Salomon, Irmas Mutter, in die Eschenstraße 8. Die Familie hatte Hilfe und Unterstützung von Irmas Schwester Hertha. Sie war durch sogenannte Mischehe vor Deportation geschützt.
Schwere Bombenangriffe im April 1942 zerstörten einen großen Teil der Rostocker Altstadt. Viele jüdische Familien verloren ihre Wohnungen und kamen in den wenigen, in jüdischem Besitz verbliebenen, sogenannten Judenhäusern unter. Borchardts hatten Glück: Die Eschenstraße blieb fast unbeschädigt. Jedoch erhielten sie Anfang Juli die Nachricht, dass sie „in den Osten evakuiert“ werden sollten. Sie sollten sich mit weiteren 19 Jüdinnen und Juden am 10. Juli am Bahnhof einfinden und durften nur Gepäck und Verpflegung für 3 Tage mitnehmen.
Sie verbrachten einen Tag und die Nacht in Ludwigslust und warteten auf einen Zug aus Hamburg. Der Deportationszug mit etwa 1.000 Jüdinnen und Juden, hauptsächlich aus Norddeutschland, ging als einer der ersten in das Vernichtungslager Auschwitz. Sofort nach der Ankunft wurden Bernhard Borchardt, seine Frau Irma und ihre Mutter Johanna Salomon in den Gaskammern ermordet.
An Irma Borchardt wird seit 2006 mit einem Denkstein, gespendet von den Jusos Rostock, erinnert.

 

Johanna Salomon, geb. Bernhard (13.01.1879 Tessin – Juli 1942 Auschwitz)

AHR Johanna Salomon ausgeschnitten

Foto: AHR, Kennkartenantrag, 1938
Johanna Bernhard wurde 1879 in Tessin geboren. Sie heiratete den 12 Jahre älteren Kaufmann Richard Salomon aus Kröpelin. Johanna arbeitete als Verkäuferin. Möglicherweise hatten sie ein eigenes Geschäft in Marlow. Dort kamen die beiden Töchter zur Welt: Hertha, 1901 und Irma, 1903. 1905 zog die Familie nach Rostock.
Hertha heiratete den Nichtjuden Rudolf Schmidt und ließ sich 1928 evangelisch taufen. Sie überlebte Verfolgung und Krieg. Irma heiratete 1940 den aus Pommern stammenden Juden Bernhard Borchardt.
Nach dem Tod ihres Mannes 1927 lebte Johanna Salomon zusammen mit Irma, später dann auch mit ihrem Mann in der Eschenstraße 8. Wahrscheinlich arbeitete sie weiterhin als Verkäuferin.
Im Juli 1942 wurden insgesamt 22 Rostocker Jüdinnen und Juden nach Auschwitz deportiert, im November des Jahres weitere 14 in das Konzentrationslager Theresienstadt. Keiner von ihnen überlebte.
Johanna Salomon, ihre Tochter Irma und der Schwiegersohn Bernhard wurden gleich nach der Ankunft in Auschwitz vergast. Sie wurde 63 Jahre.