Eingangsbild

24.06.2024

Enthüllung des Denksteins für
Henny Hirsch (12.04.1866 Kröpelin – 24.09.1942 Theresienstadt)
in der Kröpeliner Straße 83, 18055 Rostock
Dienstag, 9. Juli 2024 um 14.00 Uhr

Der Verein der „Freunde und Förderer des Max-Samuel-Hauses e. V.“ lädt alle Interessierten zur Enthüllung des 83. Denksteins in Rostock ein. Schülerinnen und Schüler der Kooperativen Gesamtschule Rostock werden die Einweihung inhaltlich gestalten.

Henny Hirsch wurde am 12. April 1866 als Tochter des Kaufmanns Ferdinand Heynssen und seiner Frau Marianne in dem kleinen mecklenburgischen Städtchen Kröpelin, an der Straße zwischen Neubukow und Doberan gelegen, geboren. Sie verbrachte dort ihre Kindheit und Jugend, ging in die Schule, lernte Haushaltsführung bei ihrer Mutter. Sie hatte einen älteren Bruder.
Im Alter von 22 Jahren heiratete sie den Kaufmann Philipp Hirsch und zog mit ihm nach Rostock. In den nächsten Jahren kamen die Kinder Paul (1889), Willy (1890), Anna (1892), Käthe (1894) und Ina (1899) zur Welt.
Philipp Hirsch war Teilhaber der „Meyer Gimpel - Produktenhandlung“ in der Lohgerberstr. 11 - einem Geschäft für das An- und Verkaufen von Rohstoffen, wie Fellen, Metallen oder Stoffen. Meyer Gimpel gehörte zu den Gemeindegründern und vermachte der Israelitischen Gemeinde nach seinem Tod 1897 genügend Mittel, dass sie sich eine Synagoge errichten lassen konnte. Er hinterließ aber auch den Kindern seines Geschäftspartners eine finanzielle Starthilfe ins Leben.
Philipp Hirsch engagierte sich in der Verwaltung der Israelitischen Gemeinde Rostocks und war bis zu seinem Tod 1925 ihr Rechnungsführer. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Willy die Produktenhandlung.
Henny Hirsch umsorgte ihre beiden unverheirateten Kinder - bis Willy 1929 heiratete und ihre Tochter Käthe, die moderne Sprachen und Philosophie an der Rostocker Universität studiert hatte und als Lehrerin arbeitete, 1930 nach Berlin zog. Die anderen beiden Töchter waren bereits verheiratet und lebten in Berlin.
Zum ältesten Sohn Paul gibt es keine weiteren Informationen.
Henny blieb bis 1933 in Rostock, möglicherweise um in der Nähe der neugeborenen Enkeltochter Inge zu sein. Sie hatte eine Wohnung am Hopfenmarkt 29 (heute Kröpeliner Str. 83). 1934 zog sie dann zu ihrer Tochter Käthe nach Berlin-Charlottenburg.
Die beiden Frauen lebten bis zum Sommer 1942 in der Kantstraße 122 und erlebten im November 1938 die Zerstörung von jüdischen Geschäften und Wohnungen, das Brennen der Synagogen sowie die Gewalttaten gegen Juden auf den Berliner Straßen. Sie mussten den zusätzlichen Vornamen „Sara“ annehmen, Judenkennkarten beantragen, den Gelben Stern tragen.
Für Henny war es sicher eine Erleichterung zu wissen, dass ihre beiden Töchter Anna und Ina mit ihren Ehemännern rechtzeitig in die USA und nach Bolivien emigrieren konnten. Allerdings machte sie sich große Sorgen um Willy, seine Frau und die beiden Kinder. Denn sie wurden im Juli aus Rostock, wie es hieß „nach dem Osten evakuiert“ – am 12. Juli wurden sie in Auschwitz in den Gaskammern ermordet.
Henny wurde am 17. August deportiert. Sie kam in das „Altersghetto“ Theresienstadt. Aus Verzweiflung und Angst vor dem Kommenden nahm sich die in der Wohnung allein zurückgebliebene Käthe das Leben. Sie wurde 48 Jahre alt.
Henny überlebte nur etwa einen Monat in Theresienstadt: Laut Todesfallanzeige litt sie an Darmkatarrh und Rippenfellentzündung. Aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen und des Mangels an Medikamenten starb sie mit 76 Jahren am 24. September 1942.