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17.09.2021

„Brundibár“ – Eine Oper für Kinder

Das Max-Samuel-Haus feiert in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen. Die „Stiftung Begeg-nungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur / Max-Samuel-Haus“ wurde am 2. September 1991 gegründet.
In den nächsten Wochen werden auf dieser Seite in loser Folge Artikel zu Veranstaltungen und Projekten aus den vergangenen drei Jahrzehnten von jungen Menschen gestaltet, die in diesem Jahr ihr Praktikum im Hause absolvieren. Sie sollen einen Einblick in die Arbeit des Hauses geben. (Steffi Katschke)

Brundibar Flyer

Das Opernprojekt – „Brundibár“, eine Oper für Kinder – gehörte zur Fortsetzung der Reihe von Gesprächskonzerten zur „Verfemten Musik“. Bei diesem Projekt beteiligten sich circa 160 Kinder und Jugendliche. Kooperationspartner waren unter andrem die Ecolea – Internationale Schule Warnemünde und das Käthe-Kollwitz-Gymnasium Dierkow. Ebenfalls wurde dieses Projekt von sechs weiteren Schulen sowie durch Studenten der Hochschule für Musik und Theater unterstützt. Die Open-Air-Inszenierung der Kinderoper entstand unter der musikalischen Leitung des Dirigenten Martin Braun. Zudem gab es eine enge Zusammenarbeit mit der Musikwissenschaftlerin Anke Zimmermann, die schon in der Vergangenheit in der Reihe „Gedächtniskonzerte“ mitgearbeitet hatte. Zimmermanns Regieteam wurde von Roswita Mewis und Holger Kießling ergänzt. Vier der sechs Vorstellungen fanden im Garten das Max-Samuel-Hauses statt. Es fanden 2.168 Besucher den Weg zur Veranstaltung. Als Ehrengast war die ehemalige Intendantin der Prager Oper, Eva Hermanová eingeladen. Sie wurde im Kindesalter nach Theresienstadt deportiert und sang dort in der Aufführung von „Brundibár“. Sowohl bei den Besuchern als auch bei den Vertretern der Strassmann-Stiftung und den Medien stieß die Oper-Inszenierung auf eine sehr positive Resonanz.


Inhaltlich ging es in der Komposition um die Geschwister Aninka und Pepíček, welche Sorgen hatten: Ihr Vater war verstorbenund ihre Mutter erkrankt. Die Kinder sollten ihr Milch bringen, damit es ihr bald besser ginge. Doch ohne Geld bekamen sie vomMilchmann nichts. Sie mussten das Geld verdienen. Die Kinder sahen, dass der Leierkastenmann Brundibár für seine Musik entlohnt wurde und versuchten ihr Glück. Kurzer Hand vertrieb Brundibár die singenden Kinder, da er ihre Konkurrenz nicht duldete. Als die Nacht anbrach, kamen Hund, Katze und Spatz, um die traurigen Kinder zu trösten. Sie beschlossen, dass es viele Kinder benötigte, um gegen den Leierkastenmann anzutreten, um ihn zu besiegen. Am nächsten Tag kamen weitere Kinder zur Hilfe, um zu singen und die Erwachsenen zeigten sich großzügig. Nachdem der Leierkastenmann versuchte, den Geschwistern das Geld zu stehlen, welches sie so dringend benötigten, verbündeten sich die Kinder und Tiere gegen Brundibár und jagten ihn aus der Stadt.

 

Ursprünglich wurde die Kinder-Oper 1938, von Hans Krása (1899-1944), zusammen mit Adolf Hoffmeister (1902-1973), für einen Kompositionswettbewerb des Ministeriums für Schulwesen und Volksbildung, geschrieben. Mit dem Überfall auf Polen 1939 kam es nicht mehr  zur Auswertung. Da der aus einer deutsch-tschechisch-jüdischen Familie stammende Komponist wenige Zeit zuvor, am 10. August 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, konnte dieser die eigentliche Uraufführung seiner Oper nicht miterleben. Diese fand im  Jahr 1941 heimlich, da alle Aktivitäten von Juden verboten waren, in Prag in einem jüdischen Waisenhaus statt. Das neu eingerichtete Lager Theresienstadt wurde im Laufe der Zeit auf perfide Weise zu Propagandazwecken genutzt. Es sollte ein angeblich „glückliches Ghetto-Leben“ der Deportierten inszeniert werden. Faktisch jedoch war Theresienstadt ein Durch-gangslager, von dort gingen bis zum Herbst 1944 Transporte in die Vernichtungslager ab. Krása engagierte sich im Lager Theresienstadt für das kulturelle Leben, er wurde Leiter der Musiksektion – Freizeitgestaltung – und komponierte Werke für das Orchester und einen Liederzyklus.

 

Vielleicht entstand durch die bedrückende Umgebung in Theresienstadt der Wunsch, diese Geschichte von Solidarität und Freundschaft aufzuführen – als eine Flucht vor der Lagerrealität. Ein Hoffnungsschimmer, in dem das Gute über das Böse siegte. Hans Krása passte die Kinder-Oper musikalisch den wechselnden Bedingungen des Lagers an und veränderte unter anderem Noten und Orchesterbesetzungen. Insgesamt wurde das Stück in Theresienstadt über fünfzig Mal aufgeführt, immer von Ungewissheit und Angst begleitet. Krása verließ das Lager in einem der letzten Herbsttransporte in Richtung Auschwitz, von dort kehrte er nicht zurück.
„Brundibár“ ist das bekannteste Werk des Komponisten. Dies liegt unter andrem an der Ge-schichte und dem zeitlosen Bekenntnis von Zusammenhalt und Freundschaft.

Autorin: Marie Sophie Ziemer